Als Kaffee und Zucker noch »Colonialwaren« waren: Brambauer Werbeanzeigen um 1920

Published by André Walter on

Vor 100 Jahren erschien Werbung deutlich schlichter: Firmenname, das gibts bei uns unter der Adresse. Fertig. Sicherlich gab es auch schon schön gestaltete, bunte Werbeplakate großer Unternehmen, die mehr das Gefühl ansprachen – doch in der örtlichen Zeitung, in Katalogen, im Telefonbuch, da ging es sparsam und effektiv zu, getreu dem Motto: Hier ist Firma X, wir verkaufen Y, sie finden uns bei Z. So auch im Braumber der 1920er Jahre. Auffällig: die kurzen Telefonnummern und alte Straßennamen.

Die Firma Wilhelm Emte verkaufte damals Haushaltsgeräte. Damals waren dreistellige Telefonnummern völlig ausreichend, denn die allermeisten Privatleute hatten gar kein Telefon. Hier war es die Nummer 277 im Amt Mengede – denn Brambauer gehörte damals noch zum Landkreis Dortmund. Erst 1928 erfolgte die Eingemeindung nach Lünen, doch die Vergangenheit konservierte sich auf ihre Art: auch heute noch hat Brambauer die Vorwahl 0231 von Dortmund, während der Rest Lünens die 02306 erhielt.

Interessant ist auch die Adresse der Firma: Ecke Hospital- u. Bismarckstraße. Beide Straßennamen gibt es heute nicht mehr. Aus der Hospitalstraße wurde Ende der 1950 Jahren die Gustav-Sybrecht-Straße, benannt nach dem ehemaligen Krankenhausgründer und Chefarzt, der 1956 gestorben ist. Und die Bismarckstraße, die wurde nach dem 2. Weltkrieg in Karl-Haarmann-Straße umbenannt, dem verstorbenen Bergwerksdirektor von Minister Achenbach.

Im Geschäft von Klara v.d. Burg gab es sogenannte »Colonial- und Fettwaren«. Gemeint war mit Colonialwaren alles, was eben nicht originär aus Deutschland oder Europa kam, sondern aus Afika, Südamerika und Asien. In den meisten Fällen handelte es sich um Waren, die in den Kolonien und unterworfenen Gebiete der europäischen Mächte geerntet und produziert wurden. Dazu zählen Kaffee, Tee, Gewürze, Zucker, Kakao, Tabak, Südfrüchte wie Ananas und Bananen und ähnliches.
Bis zum Ende des 1. Weltkrieges wurde oft auch explizit geworben, dass es sich um Waren aus den Deutschen Kolonien handelt. Danach hatte Deutschland keine Kolonien mehr, der Begriff hielt sich aber noch viele Jahrzehnte. Fettwaren dagegen bezeichnet alles, wo Fett drin ist: Butter, Speck, Öl und Fette aus Meerestieren (Tran) wie Wale und Robben.

Die Lünenerstraße 1 gibt es heute ebenfalls nicht mehr. Denn aus der Lünenerstraße wurde nach der Eingemeindung 1928 die Königsheide.

Auch Heinrich Böhle verkaufte »Colonial- und Fettwaren«. Interessanterweise in seiner Anzeige mit »K« geschrieben, statt mit »C« Das Geschäft befand sich ebenfalls an der heutigen Königsheide.

Heinrich Janzen verkaufte neben den Colonialwaren auch »Drogen«. Gemeint war damit vermutlich nicht dass, was wir uns heute unter Drogen vorstellen. Vielmehr ging es bei den so genannten Produkten mehr in Richtung Apotheke oder besser: Drogerie.

Wikipedia erläutert dazu:

Der Begriff Droge stammt vom niederländischendroog für trocken ab (vgl. auch das ursprünglich niederdeutsche und weitgehend bedeutungsgleiche Wort dröge). (…) Dies waren zu Zeiten der niederländischen Kolonialherrschaft insbesondere getrocknete Pflanzenprodukte, wie etwa Tee und Gewürze. Aus dieser Bedeutung entstand danach über den Umweg über das Französische sowohl die heutige deutsche Bedeutung des Wortes Droge als auch das englische drug, welches auch (und vor allem) im Sinne von Medikament gebraucht wird; siehe dazu auch das deutsche Wort Drogerie und den Artikel Droge (Pharmazie).

https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Droge&oldid=226051063#Zum_Begriff

Das Geschäft gibts es übrigens noch heute, 100 Jahre später in dem Gebäude: es ist die Drogerie von Vera Pieper mit dem offiziellen Namen: Central Drogerie Heinrich Janzen, Inhaberin Drogistin Vera Pieper, e.Kfr.

Das Bekleidungsgeschäft Dautermann befand sich auch an der heutigen Königsheide. Bei den hier beworbenen Buxkin-Hosen ist die Schreibweise auffällig. Denn gemeint sind eigentlich sogennante »Buckskin«-Hosen, was im Englischen Bocksfell meint, welches zu einem kräftig gewalkten Streichgarngewebe verarbeit wurde.

Die Königsheide – damals Lünenerstraße. Rechts im Bild die Geschäfte von Janzen und Dautermann. Das allseits bekannte Kaufhaus Hufnagel (links im Bild) nannte sich damals noch Hufnagel & Wunderlich. (Foto: Friedhelm Eschner)

Die Firma Möller produzierte alles aus Leder.

Fritz Bruckmann, ein Uhrmacher und Optiker. Das Geschäft gab es meines Wissens noch bis in die 1990er Jahre. Gesichert ist zumindest das Jahr 1961, aus dem dieses Foto stammt:

(Foto: Friedhelm Eschners Privatarchiv)
Zu guter letzt wäre da noch die private Anzeige von Gemeindehelfer Paß: Wer noch kein Sonntagblatt mit Namen Das alte Evanglium hat, melde sich bitte. 😉