Adolf Hitler und eine Flakstellung,  Marie-Luise-Marjan und ein verschwundenes Schloss, Bergbauspuren sowieso: 12 Kilometer sind es mit dem Rad von Selm nach Brambauer und wer die Strecke fährt, trifft haufenweise Geschichte an.

Die Route beginnt am Kreuzkamp in Selm und führt über Bork, Alstedde und Lippholthausen  nach Brambauer.

Etappe 1: Selm bis Bork

Abfahrt am Kreuzkamp

Die alte Zechenbahn am Südwestrand Selms ist ein gemütlicher, schattiger Weg. Der ehemalige Bahndamm, auf dem einst die Kohlenzüge der Selmer Zeche fuhren, ist ein beliebter Weg für Fußgänger und Radfahrer. Ich lasse ihn heute rechts liegen und  folge lieber der Schorfheide gerade aus; fährt sich mit dem Rad einfach besser. Zu sehen gibt es dort auch etwas mehr, etwa einen alten Bauernhof oder die Festwiese der Schützen. Folgt man der Straße bis kurz vor dem Bahnübergang, lohnt sich auch einmal ein Blick auf die einzelnen Häuser, die an dieser Straße stehen. Da winken einem nämlich in 1:1 Größe »Knochengerüst« Jürgen (Klopp) und Schlagerstarschnitt-Helene (Fischer) aus dem Fenster zu. Wo genau sage ich nicht, einfach mal aufmerksam dort entlang radeln und in die Fenster der Häuser gucken 😉

Die alte Zechenbahn am Kreuzkamp

Die erste Ufo-Sichtung!

Kurz vor dem Bahnübergang geht es links in das Gewerbegebiet. Anschließend am Ende der Straße rechts abbiegen, der Straßen am Bahnhof Bork vorbei folgen und anschließend Bergauf bis zum Kreisverkehr. Ein fürchterlicher Kreisverkehr aus Autofahrersicht übrigens, weil die Einfahrten mit »verkehrsberuhigenden« Beton-Blumen-Elementen eingeengt wurden und der Durchmesser des Kreisels  ziemlich klein ist.

Bevor es dort am Kreisel aber links lang geht (also die dritte Ausfahrt) fahre ich zunächst ein paar Meter rechts entlang über die Eisenbahnbrücke. Dort führt links ein Feldweg rein und das Gelände fällt bis zur Lippe hin ab. Dadurch lässt sich hier unweit des Kreisels zum ersten mal das Ufo in der Ferne erspähen:

Da ganz hinten ist es….
… mit dem Fernglas geht es besser! Kirchturm St. Barbara, Colani-Ufo und Halde Tockhausen in Brambauer sind schon sichtbar.

Zwischenstop Bork

Zurück über den Kreisel nach Bork. In Bork an der Hauptstraße ist mittlerweile das alte Geschäftsgebäude abgerissen. Hier soll demnächst unter anderem die neue Volksbank-Filliale hin. Im Hintergrund ist Wizzair-Flug 8031 aus Vilnius auf dem Weg zum Flughafen Dortmund (wie gut, dass es Flightradar24.com gibt 😉

An der Hauptstraße steht eine neue Infotafel zur Römeroute, die durch Bork führt. Der Römeroute folge ich gleich auch nach Süden, fahre also nicht die Hauptstraße in Blickrichtung weiter sondern biege rechts ab Richtung Grundschule.

Leider endet der Radweg am Ortsausgang (Waltroper Straße) unglücklich aufgrund der Eisenbahnbrücke. Die hat nämlich nur auf einer Seite einen Durchlass für Fußgänger und Radfahrer.  Durch die Eisenbahnbrücke und ihrem massiven Fundament kann man die Straße am Ende des Radweges wenig einsehen, die dahinter zudem noch eine Kurve macht. Ich fahre deshalb meist schon ein ganzes Stück weiter vorher (illegal) auf die linke Straßenseite, weil da die Einsicht in die Straße deutlich besser und eine Querung ungefährlicher ist. Es ist immer wieder erstaunlich, wer so etwas von den Verantwortlichen plant / genehmigt / baut / nicht ändert, weil da, wo der Radweg offiziell vor der Brücke endet, es mangels Sicht lebensgefährlich ist, die Straße zu queren.

Etappe 2: Bork bis zur Lippebrücke

Nach der Brücke geht es in einer langezogenen Kurve weiter vorbei an zwei der für mich schönsten Häuser der Stadt. Ein Foto habe ich davon nicht gemacht, denn die englische Art mit den weißen »Georgian«-Fenstern, den schwarzen Holzbalken und den vielen Blumen wird Ihnen auch so direkt auffallen.

Ab hier gibt es auch einen alternativen Weg durch den Wald Richtung Alstedde. Es ist ein sehr schmaler, manchmal recht holpriger Pfad, der sich aber mit dem passenden Rad dennoch gut befahren lässt. Da ich aber ein nettes Stadtradt unter mir habe, folgte ich diesem Pfad nicht, sondern dem normalen Radweg bis zum »roten Werbe-Pferd« der Gärtnerei Merten. Am Pferd geht es nach links für rund 2,5 Kilometer fast nur geradeaus Richtung Alstedde parallel zur Landstraße.

In der Ferne tut sich später das Remondis-Werksgelände und Trianel-Kraftwerk rechterhand auf – und dahinter am Horizont wieder das Brambauer Ufo:

Dem Ufo kommen wir auch näher

Ehemalige Flakstellung Alstedde

Dem Radweg weiter folgend, kommt nicht weit vor Alstedde rechts eine Einfahrt Richtung Kleingartenverein »Grüne Insel« Die Zufahrt zur Kleingartenanlage führt auch an einem Wald vorbei, in dem sich ein langgezogener Hügel befindet. Der Hügel ist ein Überbleibsel einer Flakstellung, die sich im Zweiten Weltkrieg dort befand.

Heute gibt es abgesehen von ein klein wenig Beton und dem Hügel dort nichts zu sehen. Überreste der früheren Baracken (die erst um 1992, 1993, abgerissen wurden) sind nur noch zu finden, wenn man den genauen Standort unter den Dornenbüschen kennt und freilegen würde. Ich kann mich nur noch sehr grob an die Baracken erinnern: Es waren gemauerte, quaderförmige Gebäude mit einer Etage und Plumsklo, sowie einer Holztreppe auf den niedrigen Dachboden.

Weiter zur »Grünen Insel«

Vorbei an der ehemalige Flak fällt Linkerhand der Blick auf einen Bauernhof, der vor 10 Jahren gebrannt hat. Ein paar Kurven später taucht links ein Hundeplatz sowie eine Gas-Umverteilstation auf. Hier gabelt sich der Weg einmal nach Alstedde und einmal weiter geradeaus zur Kleingartenanlage »Grüne Insel«.

Lippe und Lachstreppchen

Vor dem Tor der Kleingartenanlage führen zwei Wege links und rechts an der Anlage vorbei und ein dritter nach links Richtung Steag-Kraftwerk zwischen den Feldern. Diesem folge ich und biege am Ende des Weges rechts in de Wald ab.

Der Wald ist der ehemalige Schlosspark von Haus Buddenburg, welches bis 1977 hier stand. Parallel zum Waldweg verläuft die Lippe. An einer Stelle im Wald ist möglich, mit einem kleinen Boot oder Kanu anzulegen und das Wasser zu verlassen. Das ist nötig, weil weniger Meter später das Lippewehr eine Durchfahrt unmöglich macht; das Wasser fällt dort zwei Meter tief. Einige Fische haben es da einfacher, selbst wenn sie das Wehr wieder zurück queren möchten: Für sie wurde vor rund zehn Jahren eine sogenannte »Lachstreppe« angelegt, die am Wehr vorbei führt. Da können die Lachse Stufe für Stufe die Lippe nach oben springen.  Kein Scherz, im Zweifel die Suchmaschine des Vertrauens fragen. 😉

Das ehemalige Schloss Buddenburg

Am Ende des Waldweges geht es über die Lippe. Doch in der Kurve vorher fällt der Blick auf eine Ligusterhecke, die dort vor Jahren gepflanzt wurde. Sie erinnert an das ehemalige Schloss Buddenburg und zeichnet seinen Grundriss inklusive zweiter Nebengebäude nach.  1902 wurde der Schlossherr dort von seiner Ehefrau ermordert, die sich anschließend selbst umbrachte.

Darüber hinaus war das Schloss im Dritten Reich unter anderem ein Außenlager und »Feldmeisterschule« des Reichsarbeitsdienstes. Am 29.Juni 1934 eröffnete Adolf Hitler persönlich diese Schule. Nach dem Krieg waren Flüchtlinge und Vertriebene dort untergebracht, später die Werkkunstschule Dortmund. 1977 entschied man sich zum Abriss aufgrund von Baufälligkeit.

Bildquelle: mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchives Lünen, Bildsammlung Justus-Pabst, Nr.670 – “Schloß Buddenburg, FAD bzw. RAD, Adolf Hitler, 1934, “

Folgt man dem Weg weiter über die Brücke und blickt zurück, sieht man die Stelle wo das Schloss damals stand. Dieses lag aber ein ganzes Stück tiefer als der Weg heute dort entlag führt.

Etappe 3: Lippebrücke bis Brambauer

Flutwellen?

Schaut man von obigem Foto mit der Brücke weiter nach rechts, sieht man das nicht zu übersehende Kraftwerk mit dem großen Kühlturm. Im Vordergrund ist ein dickes, grünes Rohr zu sehen. Dieses mündet in einen kleinen, aber tiefen Kanal, der nach wenigen Metern in die Lippe führt. Dort wird zeitweise (ich meine es ist alle halbe Stunde) einmal viel Wasser abgelassen. Deshalb warnt auch ein Schild davor, den Kanal zu betreten. Eingezäunt ist er nicht.

Mini-Szene für eine WDR-Serie

Auf diese Ecke unten am Wasser will ich so genau hinaus, weil hier 1981 eine Szene für die sechsteilige WDR-Serie »Tour de Ruhr«.  gedreht wurde.

Auf genau dieser Wiese an der Lippe mit dem Kraftwerk im Hintergrund lag 1981 Marie-Luise-Marjan zusammen mit Henry van Lyck und Elfi Eschke.

Die Einstellung im Film dauert zwar nur eine Minute, zeigt aber untermalt von Eddie Cochrans »Three Steps to Heaven« einen Rundumblick auf Brücke, Lippe und Kraftwerk und auch das grüne Abwasserrohr (damals grau) ist im Bild. Marie-Luise-Marjan und die anderen legen in der Serie hier eine Picknick-Pause ein und machen Witze über Billig-Wurst aus dem Sonderangebot.

Link zu YouTube (Sie verlassen meine Seite) :

Noch interessanter ist aber, dass genau diese Szene mit dem Kraftwerk im Hintergrund auch das Titelbild des heutigen DVD-Covers ziert (die DVD kann noch gekauft werden). 

Allerdings ist die Szene auf dem Cover gespiegelt: weil wir in Westeuropa eben von links nach rechts lesen und Leute die nach rechts gucken sympathischer wirken sollen, als wenn sie nach Links schauen (hab ich mal gelesen), haben die Macher wohl auch die Szene fürs Cover gespiegelt.

Schlossmühle Lippholthausen

Vom Drehort aus geht es bergab (der Brücke folgend) und immer gerade aus die Schlossallee entlang, die vom Schloss Buddenburg zur ehemalige Schlossmühle führt. Bis Mitte der 1990er Jahre wohnte dort noch ein altes Ehepaar, danach wurde die Mühle entkernt und neu eingerichtet. Heute kann man dort heiraten!

Der Weg geht um die Mühle herum und am Weg steht noch ein alter Grenzstein, der die frühere Grenze der Grafschaft Mark (dazu gehörte Lünen) zu Dortmund markierte.

Ein paar Meter später kommt ein Bahnübergang der Hamm-Osterfelder-Eisenbahnlinie mit drei Gleisen, von denen aber nur zwei beschrankt sind. Das dritte Gleis führt zum Kraftwerk und wird selten genutzt, aber manchmal kann es verwirrend sein, wenn die Schranken unten sind und ein Zug langsam über das andere Gleis fährt.  Ich erinnere mich noch gut an die 90er Jahre, bevor die Übergang seine heutige Form bekam. Damals waren die Schranken grundsätzlich unten, auch wenn gar kein Zug kam. Dafür gab es neben den Schranken eine Sprecheinrichtung, über die man beim nahgelegen Schrankenwärter einen Durchgang erbitten durfte. Das dauerte dann manchmal etwas länger.

Anschließend geht es rechts lang auf die Frydagstraße, vorbei an Gewerbe und Industrie (besonders natürlich dem Trianel-Kraftwerk) bis hin zum Datteln-Hamm-Kanal. Die Brücke über den Kanal  ist nicht nur die tatsächliche Grenze zwischen Lippholthausen und Brambauer, sondern für mich auch ganz symbolisch. Man fährt über die Brücke,  sieht schon einen der beiden Brambauer »Hausberge« dort (die Halde Tockhausen) und weit ist es auch gar nicht mehr.

Neben dieser Brücke führte einst mal eine Eisenbahnbrücke her, mit der Kohle von Minister Achenbach Schacht IV abtransportiert wurden. In den 90ern wurde die Eisenbahnbrücke abgerissen

Ankunft in Brambauer

Nach der Brücke geht es schön Bergab. Rechts im Grün fällt das Gelände aber nicht so steil ab, weil dies auch wieder ein ehemaliger Bahndamm ist. Dummerweise geht es nach der Bergabfahrt wieder elendig langezogen nach oben. Ich fahre dann gerne mal rechts rein auf den Parallelweg, der ab dem tiefsten Punkt teilweise über die alte Bahntrasse führt. Der ist dann schön eben und hat die Steigung stark gebündelt am Ende (das ist mir lieber, als so lang gezogen).

Ja und von da sind es nur noch wenige Meter bis zum Ziel. Da lugt das Ufo schon über die Baumwipfel.

Dann ist es geschafft! Nach 12 Kilometern und rund einer Stunde Fahrzeit mit Fotopausen bin ich in Brambauer, am Colani-Ufo angekommen. Das Ufo auf dem ehemaligen Förderturm der Zeche Minister Achenbach Schacht IV wurde vom Künstler Luigi Colani Entworfen und 1995 auf dem Förderturm installiert.

Dort am Ufo gibt es übrigens ein nettes Café für die reichlich verdiente Pause. Man muss nur am Ufo und den alten (aber modernisierten) Gebäuden des “LünTec” vorbei gehen und sich nebenbei gerne vorstellen, wie es hier einmal zuging.

Dank an Dieter Kniffka für das historische Foto von der letzten Achenbach Schacht

Zu erzählen gäbe es noch viel mehr über das, was da links und rechts der Route zu sehen ist oder einmal war. Fahren Sie selbst einmal mit offenen Augen dort entlang – ohne Fotostopp ist es auch in 40 Minuten schaffbar 😉

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