(Erstveröffentlichung des Ursprungstextes 2010, überarbeitet im September 2019)

Wo heute Einfamilienhäuser stehen, erinnert lediglich der Straßenname »alte Ziegelei« daran, dass dort einmal Ziegel für viele Zechenhäuser Brambauers gebrannt wurden. Dafür notwendiger Lehm und Mergel sowie die Kohle für den Ofen wurden direkt in der Nachbarschaft abgebaut.

Die Brambauer Tonwerke GmbH, so der Name der Ziegelfabrik, bezog bis zu ihrer Schließung 1975 beides aus Tockhausen. Die eigens dafür gebaute Schmalspurbahn verband die Ziegelei mit einer Mergelgrube unter der heutigen Halde sowie mit Schacht IV der Zeche Minister Achenbach. Beide Strecken waren ca. 1 Kilometer lang und wurden nach Schließung der Fabrik demontiert.

Aus der Sammlung von Friedhelm Eschner. Aufnahmedatum unbekannt. Eigene Bearbeitung

Folgen wir den Schienen…

Im Brambauer-Forum erinnerten sich 2010 viele Zeitzeugen an die Bahn. An Geschichten wie die etwa, dass man als kleiner Junge einfach aufspringen konnte, während sich die Bahn vollbeladen den Berg am heutigen Freibad hinauf schleppte, weil sie so langsam war. Und wie viel Ärger es immer vom Lokführer gab, wenn der einen erwischt hatte. Die vielen Beiträge im Forum animierten »JimmyB«, »HaJo51« und mich, die alte Strecke einmal abzugehen und zu schauen, welche Spuren es im Jahr 2010 noch gibt.

Von der Ziegelei zur Lehmgrube

Wir begannen auf der Heinrichstraße. Das Gelände der alten Ziegelei wurde in den 1980er Jahren komplett bebaut. Orientierung gaben zwei alte Häuser, die sich auf alten Luftbilder fanden, und ebenso der Friedhofszaun, denn die Bahntrasse führte direkt an ihm entlang. Selbst ich kann mich noch an einen Fußweg erinnern, der dort am Zaun viele Jahre entlang führte. Hier überquerte die Bahn die Friedhofstraße.

Nach etwa 100 Metern trennten sich beide Bahntrassen an einer Weiche – dort wo heute der Schotterparkplatz der Glückaufarena ist. Ab da lässt sich der Gleisverlauf nur erahnen, direkte Spuren fanden wir nicht. Rechterhand markieren die Gartenzäune der Heinrichstraßen-Häuser in etwa den Verlauf; denn die Kohlenbahntrasse führte wohl an diesen Gärten entlang. Linkerhand ist der Gleisverlauf der Lehmbahn unter Sträuchern nur zu vermuten. Am heutigen Stadioneingang war bis vor ein paar Jahren noch eine Bahnschwelle zu sehen. Mit Neugestaltung des Parkplatzes verschwand diese vermutliche letzte Spur.

Der Heimatkundler Justus Pabst fotografierte die Lehmbahn ungefähr in Höhe des heutigen Stadion-Haupteinganges:

Die Lehmbahn in Fahrtrichtung Ziegelei in Höhe des heutigen Stadion-Eingangs. Foto von von Justus Pabst; unbekanntes Aufnahmedatum. Quelle: Fotosammlung des Stadtarchives Lünen; Sign. 030707. A
Und der gleiche Ort im Jahr 2010

Die Lehmbahn fuhr ab dem heutigen Stadioneingang parallel zur Straße Am Freibad, genauer: zwischen Straße und dem erst später errichteten Stadion. Auf diesem Grünstreifen parken heute Besucher des Freibads oder der Kleingartenanlage. In den dahinter liegenden Büschen fanden wir keine Spuren der Bahn; lediglich Reste alter Stadionzäune.

Interessant wurde es am so genannten »Schwarzen Weg«, der Fußweg, oben von der Heinrichstraße kommend zwischen Freibad und Stadion verläufend und der die Lehmbahn heute kreuzen würde: Im Dickicht entdeckten wir etwas, das zunächst wie eine Schiene aussah – tatsächlich war es die steinerne Randeinfassung eines des alten Weges. Dieser führte zu einem früheren Gebäude des Stadions. HaJo meint, es könnte sich dabei um ein Toilettenhäuschen oder Umkleideräume gehandelt haben, da die heutigen Gebäude in den Anfängen des Stadions nicht am jetzigen Standort vorhanden waren. Neben der Randeinfassung waren auch alte Treppenstufen zu sehen.

Wir gingen die frühere Bahnstrecke weiter entlang bis zum Freibad. Auf der Kreuzung direkt am Spielplatzeingang ließ sich nur noch vermuten, wie die Bahn früher hier eine Biegung nach Osten in Richtung Lehmgrube machte. Der Fußweg, der vom Spielplatz heute bis zum Ententeich führt, entspricht dagegen sehr genau dem Gleisverlauf. HaJo erinnerte sich an einen Gleisabzweig kurz vor der heutigen Brücke nach Norden, zur späteren Grillhütte.

Aus der Grube wurde ein Hügel

Wir folgten dem Bahnverlauf weiter bis zur Weggabelung kurz vor dem Ententeich. Einst führten ab hier die Gleise hinunter in die Lehmgrube, so wie auf diesem Foto von Justus Pabst zu sehen ist:

Die Lehmgrube 1943 von Westen aus gesehen. Im Hintergrund wird bereits Berge der Zeche aufgeschüttet. Foto von Justus Pabst; 1943.
Quelle: Fotosammlung des Stadtarchives Lünen; Sign. 030707
Geradeaus, wo heute die Halde ist, ging es früher in die Lehmgrube hinunter. Im Dickicht versteckt sich noch ein altes Metalltor.

Im Laufe der Jahre wanderte die Lehmgrube von Nord nach Süd (von links nach rechts auf beiden Fotos) und auch die Gleise folgten diesem Verlauf ab der Gabelung. So zeigen es topografischen Karten und Luftbilder; und sie zeigen auch: von Norden her wurde die Grube mit Berge des Schachtes IV verfüllt. Aus der Grube entstand so die Halde Tockhausen. Spuren der Lehmbahn gibt es dadurch heute nicht mehr.

Am Haldenfuß befindet sich ein breites Metalltor, versteckt unter viel Grün – mit der Lehmbahn hat es unserer Meinung nach aber nichts zu tun. Möglicherweise war dies nur eine spätere Zufahrt zur Halde, die aufgegeben wurde. Somit endete der Lehmbahn-Teil unserer Tour und wir begaben uns zum nahen LünTec-Café, dass sich im früheren Pförtnerhaus von Schacht IV befindet.

Kaffeepause, die Kohlenbahn und ein paar technische Angaben

Nach einer Pause im Café hielten wir noch Ausschau nach Spuren der Kohlenbahn, die damals gegenüber dem Pförtnerhaus begann und zur Ziegelei führte. Durch die Bebauung der letzten Jahre war nichts mehr zu erkennen und der Verlauf durch heutige Häuser und Gärten ließ sich nur anhand der Luftbilder erahnen. Von der Zeche aus führte noch eine Dritte Schmalspurbahn zu Schacht I/II, die wir hier und heute nicht weiter verfolgten. Darüber haben die Heimatforscher Ewald und Helmut Wojcichowski und Fritz Woldarczak aber herausgefunden, dass die Spurweiter der Schmalspurbahn 600 Millimeter betrug und die Dampflok 40PS hatte. Wir nehmen an, dass diese Daten auch für die Lehm- und Kohlenbahn gelten könnten; zumindest die Spurweite 1. Zurück zur Kohlenbahn: Erst später an der Heinrichstraße, ab dem schwarzen Weg, wurde deutlicher, wo die Kohlenbahn entlang führte. Mit Erreichen des Stadion-Parkplatzes waren wir wieder am Anfang angekommen.

Fazit: Keine direkten Spuren mehr vorhanden

Im Ergebnis fanden wir keine direkten Spuren der beiden Schmalspurbahn-Trassen. Indirekt bleibt der Streckenverlauf aber anhand einiger Wege und Lücken in der Bebauung erkennbar. Trotzdem war die Tour sehr interessant, weil sie eine eigentlich vertraute Gegend unter einem ganz anderen Aspekt erscheinen ließ.

 

  1. Ruhr Nachrichten vom 20.10.2008, Lokalteil Brambauer, Artikel: »Lok kreuzte Straße vorsichtig: Arbeiter ging dem Zug voraus – Heimatforscher verfolgen Bahnstrecke zwischen Schachtanlagen«