Welch großer Spielplatz für ein Kind! 1990 wurde die Bergehalde von Minister Achenbach Schacht IV für die Öffentlichkeit freigeben und auch ich war in meinen jüngeren Jahren ganz schnell dort oben.

Vor 1990 war die Halde in Tockhausen gesperrt und niemand durfte hinauf. Bereits ab 1986 wurden zwar 300.000 Bäume und Sträucher gepflanzt1, Wege angelegt und vermutlich auch schon erste Bänke aufgestellt – bis 1990 aber eben nicht zugänglich. Das änderte sich am 11.Mai, als Bürgermeister Denkert die Halde offiziell freigab.

Ruhr Nachrichten Lünen im Mai 1990, Lokalteil Brambauer, Artikel » Zechenhalde ist jetzt ein Schmuckstück « genaues Datum nicht bekannt

Ja, das war etwas Besonderes, denn nun gab es einen Aussichtspunkt, der mehr vom Stadtteil und den Nachbarstädten sichtbar machte. Ich wohnte ganz in der Nähe und für einen siebenjährigen war dies selbstverständlich ein ziemlich großer Spielplatz, den es zu entdecken gab!

Im Gegensatz zu heute war die Halde trotz dieser massiven Bepflanzung oben noch ziemlich leer. Die untere »Etage« war schon stark bewachsen, nach oben hin aber in weiten Teilen leere. So war es ein leichtes, in gerade Linie einfach nach oben zu gehen, abseits der Wege. Es war steil und Boden war locker: hin und wieder rutschte man doch etwas runter. Aber es machte Spaß!

Alternativ boten sich die Entwässerungsrinnen an. Sie waren auch Schnurgerade, aber auf jeder Etage leicht versetzt. Letzlich waren es auch irgendwie Treppen mit besonders schmalen Stufen. Später waren sie zugewachsen und nicht mehr so leicht begehbar.

Luftbild der Halde ca. 1988 © RVR1990, Aerowest GmbH, EUROSENSE GmbH ,
Datenlizenz Deutschland – Namensnennung – Version 2.0.

Im Sommer 1991 machte das hinaufgehen allerdings nicht so viel Spaß. Während die anderen im benachbarten Freibad deutlich hörbar plantschten, kletterte ich mit einem Freund nach oben. In praller Sonne über die dunklen Steine. Eine doofe Idee irgendwie, aber wir wollten so gerne wieder mal in der Ferne sehen.

Markanter Blickfang von oben damals der angrenzende vierte Schacht von Minister Achenbach, der zum Aufnahmezeitpunkt noch zwei Jahre lang in Betrieb war:

Schacht IV im Herbst 1990, im Hintergrund links Schacht III

Hier auf dem Bild ist noch der Lehrstollen zu erkennen, der Mitte der 1980er Jahre noch angelegt wurde. Im Hintergrund auch Schacht III zu erkennen. 1995 wurde dann darauf das Colani-Ufo errichtet:

Der ehemalige Förderturm im Jahr 2007

Generell war damals deutlich mehr von oben zu sehen, als heute. Die Halde ist nach 30 Jahren dann doch sehr zugewachsen. Vereinzelt wurden Sichtschneisen angelegt, doch insgesamt war die Sicht damals besser.

Das lag auch daran, dass überall viele Bäume jenseits der Halde viel niedriger waren als heute. Sogar Schloss Cappenberg war deutlich in 6 Km Entfernung zu erkennen. Heute ist es hinter zahlreichen Bäumen irgendwo in Nordlünen verschwinden.

Die damalige Grundschule am Freibad (1990), im Hintergrund Schacht I/II
Der Stummhafen mit Kohlebergen 1990, dahinter Alstedde und Cappenberg

Knapp 100 Meter über Brambauers Dächern wurde damals auch eine kleine Holzhütte aufgestellt. Am höchsten Punkt der Halde ein kleiner Wetterschutz errichtet. Aus meiner Warte damals aber kein schöner Ort, weil sich dort oft die größeren Jugendlichen aufhielten. Manchmal fuhren sie sogar mit der Mofa dort hoch und vor allem wurde ziemlich viel geraucht. Es war sehr schnell eine sehr dreckige Hütte.

Die Holzhütte auf der Halde 1990

Es gab sogar die Idee, eine Grillhütte dort oben zu errichten. Das Feuer kam dann aber auf andere Art nach dort oben, denn ich meine 1992 wurde die Holzhütte brennend den Hang runter gerollt. Danach gab es nie wieder eine – und eine Grillhütte schon gar nicht. Auch immer mehr Bänke (Holzbänke) und Mülleimer verschwanden durch Vandalismus.

Auch einen Teich gab es dort oben auf den Haldenplateau. Der schrumpfte allerdings über die Jahre immer zusammen. 2004 waren Reste davon noch da; spätestens seit 2007 war er ausgetrocknet und von Hecken überwuchert.

Der Teich 2004

Am Fuße der Halde stand damals übrigens noch diese alte Scheune des Hofes Overthun. Mittlerweile ist sie vor vielen Jahren abgerissen worden; heute stehen dort Pferde in einem Stall.

In all den Jahren war ich bestimmt schon hundert mal auf dem Hügel. Bis 2010 wucherte alles immer mehr zu, sogar ein Weg war schon fast verschlungen von Hecken und Sträuchern. Die Stadt Lünen hatte kein Geld mehr für die Pflege. Zwischendurch haben ehrenamtliche mal eine Mountenbikestrecke durchs Dickicht geschlagen, sonst bliebt sich alles selbst überlassen.

Seit einer Freischnittaktion (Link zu DerWesten.de) mit ehrenamtlichen Helfern 2010 hat sich das geändert. Nach und nach wurde wieder Geld und Arbeit in die Halde gesteckt. Die Arbeitsloseninitiative und auch die Stadt kümmern sich jetzt wieder um die Halde. Weitere Sichtschneisen wurden geschlagen, neue Metallbänke aufgestellt, das Haldenplateau von Dornhecken befreit und die Wege ausgebessert und gepflegt.

Heute gibt es somit wieder mehr zu sehen – aber niemals mehr so viel wie damals, 1990, als die Spitze quasi Baumfrei war. Dass muss sie auch nicht mehr: Denn das viele Grün sorgt für eine sehr ruhige und erholsame Atmosphäre dort oben.

Und so bleibt der kleine Miniberg auch 30 Jahre nach meinem ersten Schritt dort oben doch einer meiner Lieblingsorte in der Stadt.

Westfälische Rundschau vom 20.08.2011

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