Spannende Pläne: zukünftig sollen doppelt so viele Züge durch Selm fahren. Und Lünen-Alstedde endlich seinen Bahnhof bekommen. Das ginge allerdings nur zweigleisig…

Da ist wieder »Serendipity«, mein englisches Lieblingswort, welches den glücklichen Zufallsfund beschreibt. Bei der Recherche zum Verkauf des »Deutschlandticket« stieß ich zufällig auf das sogenannte »NRW-Takt-Zielnetz 2040«.

Dabei handelt es sich um einen Plan, den gesamten Schienen-Regionalverkehr in NRW deutlich zu verbessern. Dazu gehören neue Linien, Taktverdichtungen, die Errichtung neuer Bahnhöfe (sowohl im Bestand als an neuen Standorten) sowie die Reaktivierung längst aufgegebener Strecken.

Letztlich ist dies ein Teilaspekt des größeren Ziels Namens »Deutschlandtakt 2040«, bei dem ein deutschlandweit abgestimmter, sogenannter integraler Taktfahrplan für den Nah- und Fernverkehr entstehen soll.

Mehr Züge durch Selm

In NRW setzten die einzelnen Verkehrsverbünde das Ziel entsprechend um. So stieß ich dann auch auf der Internetseite des Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) auf eine interessante Broschüre (PDF) über das NRW-Takt-Zielnetz 2040.

Denn da heißt es zu der Bahnlinie, die durch Selm führt:

Auszug aus der VRR-Broschüre zum Zielnetz 2040 (hier herunterladbar)

Der Broschüre nach ist also geplant, die bestehende Regionalbahn 51 um einen Regionalexpress mit der Liniennummer 51 zu ergänzen.

Heute fährt auf der Bahnstrecke Dortmund-Enschede lediglich die RB51, die »Westmünsterland-Bahn«. Mit den für mich relevanten Zwischenstopps Lünen HBF / Bork (Westf.) / Selm-Beifang / Selm.

Die Bahn fährt derzeit einmal die Stunde in jede Richtung, denn in diesem Bereich ist die Strecke fast ausschließlich eingleisig (dazu gleich mehr).

Noch konkreter zur neuen Linie als der VRR wird die Darstellung des »SPNV-Zielnetz 2040«, das sich auf der Seite des Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan NRW befindet.

Aus den dortigen Plänen (hier für 2032 und hier für 2040) lässt sich schon die geplanten Ankunfts- und Abfahrtszeiten des neuen Fahrplans entnehmen, der 2040 vollendet sein soll. Daraus ergibt sich, dass sich jeweils um XX:29 Uhr die beiden Gegenzüge der RB51 am Selmer Bahnhof treffen, und um XX:59 die beiden Gegenzüge des neuen RE51:

Es braucht (wieder) ein zweites Gleis!

Heute würde der Plan noch nicht funktionieren, denn der Bahnhof Selm hat nur ein Gleis und nur einen Bahnsteig! Demnach müsste also der Selmer Bahnhof (wieder) ein zweites Gleis und einen zweiten Bahnsteig bekommen, damit sich die Züge hier treffen können.

Interessant dabei: das zweite Gleis gab es vor vielen Jahrzehnten schon einmal, wurde aber abgebaut. Es verblieben lediglich einzelne Stellen, wo zwei Gleise nebeneinander liegen, etwa am HBF Lünen sowie am Bahnhof in Bork:

Und manchmal erkennt man auch, dass in früheren Tagen hie und da schon zwei Gleise nebeneinander lagen. Etwa am Bahnhof Selm (da liegen noch zwei Meter Gleis im Fußweg) oder ein Stück weiter nördlich, an der Brücke über die Funne: da steht noch die alte Brücke des zweiten Gleises…

Wie auch immer: es braucht mehr Schienen als heute, damit die zweite Linie fahren kann. Auf der Internetseite Linie Plus hat ein Nutzer mit Namen »S-Bahnfahrer« sehr gut beschrieben, was baulich nötig wäre:

Lünen: Verlängerung des zweiten Gleises bis zu Bahnübergang Borker Straße (B236) Zweigleisiger Ausbau zwischen BÜ Sprengersknapp und Bork (Westf.)

Selm: Barrierefreier Ausbau der Station Bork (Westf.) zu einem Mittelbahnsteig mit Zuwegung
1km langer Begegnungsabschnitt vor dem Halt Selm-Beifang 

Zweites Gleis zur Durchfahrt (am Haltepunkt Selm), von der Station aus bis zur Stever

Auszug von “S-Bahnfahrer” auf Linieplus.de

Auf dem Foto ist tatsächlich der Beifanger Bahnhof (vor dem Umbau). Durch die starke Vergrößerung meiner Kamera wirkt es aber wie ein netter Halt irgendwo im Grünen 😉

Immerhin: von 2023 bis 2040 sind es ja noch 17 Jahre für den partiellen, zweigleisigen Ausbau, das könnte machbar sein… Spaß beiseite, ein 30-Minuten-Takt in beide Richtungen wäre eine ernsthafte Aufwertung des Zugangebotes in Selm.

Zudem scheinen sich laut dem Fahrplan die Fahrtzeiten zu verkürzen. Irgendwo las ich, dass die Höchstgeschwindigkeit auf der Bahnstrecke auf 160 km/h die Stunde steigen soll (aktuell sind es m.W. nur 90 km/h?).

Endlich ein Halt in Alstedde?

Auffällig in dem Netzplan 2040, der beim Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan NRW einsehbar ist, ist aber noch was anderes.

Haben Sie es gehen?

Auf der grünen Linie, also der heutigen RB51, ist ein Haltestellenpunkt mehr als auf der neuen blauen Linie des RE51. 😉

Zwischen Lünen HBF und Selm (jeweils grauer Kasten) liegen heute ja nur Bork und Beifang, also zwei Punkte.

Der dritte Halt wird dann wohl sehr wahrscheinlich Alstedde sein. Bedeutet einerseits: ja, endlich kommt der Bahnhof, andererseits: allerdings dann wohl doch nur einmal die Stunde, denn es hält nur eine der beiden Linien dort.

Gewissheit zum Bau fand ich auf einer anderen Karte zum Zielnetz NRW: Ja tatsächlich, Alstedde soll den Bahnhof bekommen! So steht es in der Broschüre (PDF) des des Kompetenzcenter Integraler Taktfahrplan NRW, auf Seite 9:

Dazu müssen Sie wissen, dass schon seit über 40 Jahren von einem Bahnhalt in Alstedde gesprochen wird. 1999 gab es ein Funken Hoffnung, als ein einziges mal ein Zug einen Probehalt gemacht hatte. Insgesamt plätscherte das Thema jedoch vor sich hin und die Anwohner waren früher wenig bis gar nicht für einen Bahnhof zu erwämen, wie in diesem Artikel der Ruhrnachrichten gut nachlesbar ist (Bezahlschranke). Letzlich steht mittlerweile die Finanzierung und der politische Wille ist da (laut genanntem Zeitungsartikel).

Am Wahrscheinlichsten ist dabei ein Halt am Römerweg, direkt neben dem Bahnübergang:

2015 lag die Prognose schon bei 1.000 Fahrgästen pro Tag in Alstedde, so ein Artikel im Lokalkompass. Ich kann diese Zahl nicht einordnen, ob das viel oder wenig ist. Allerdings haben sich seit 2015 die Rahmenbedingungen (Klima und Deutschlandticket, sowie die Planung weiterer Wohngebiete) nochmal zu Gunsten eines neuen Haltes verändert, sodaß die tägliche Fahrgastzahl sicherlich höher liegen dürfte.

Welch Gewinn der Bahnhof wäre, zeigt sich an Folgendem: mit dem ÖPNV geht es von Alstedde derzeit nur per Bus Richtung Lünen. Es fährt nichts nach Waltrop, Bork, Selm oder sonst wohin. Die Fahrt bis zum HBF Lünen (ZOB) dauert zwischen 15-20 Minuten, je nachdem wo man denn in Alstedde einsteigt. Zukünftig könnte man von Alstedde aus in zwei Minuten am HBF sein und in gut 20 Minuten schon in Dortmund sein – oder in Lüdinghausen.

Noch krasser am Beispiel Alstedde -> Selm: heute dauert es mindestens 30 – 60 Minuten Fahrzeit mit Umstieg am ZOB/HBF Lünen, je nachdem ob man den Zug oder den Bus nach Selm als Anschluss am ZOB hat. Zukünftig: 6 Minuten mit dem Zug (ca. ) bis Selm!

Bin sehr gespannt, wann die Bauarbeiten beginnen – sowohl in Alstedde als auch an der gesamten Bahnstrecke.

Zukünftig heißt es dann aber auch hier, an diesem winzigen Fußgänger-Bahnhübergang am Selmer Bach: doppelt so oft warten 😉