Auenpark, Campus Selm, Stadt am Wasser, Ternscher See erweitern  – große Projekte wurden Montagabend den mehr als 200 Besuchern im Selmer Bürgerhaus präsentiert. Zudem informierte Bürgermeister Löhr im Schnellformat über dutzende aktuelle Themen.

Als um kurz nach sieben die letzten der über 200 Besucher auf der Empore Platz nahmen, begann zunächst die Vorstellung der bei der Regionale 2016 eingereichten Projekte. Hierbei handelt es sich um einen großen Fördertopf, der dieses ermöglichen soll und wodurch ein »entscheidendes Zeichen der Stadtentwicklung« gesetzt werden soll, so Löhr:

»Die Aktive Mitte«

Hinter diesem Begriff sind drei Bausteine zusammengefasst, die die große Ackerfläche mitten in der Stadt in einen lebenswerteren, nutzbareren öffentlichen Raum umwandeln sollen:

  • der Auenpark mit Selmer Bach
  • der Campus Selm als generationsübergreifender Platz für Bildung, Sport, Wohnen und Arbeiten
  • die neue Stadt am Wasser, direkt an den Auenpark angrenzend

Olaf Kasper vom Planungsbüro Schulten Stadt- und Raumwentwicklung (SSR) referierte zu den einzelnen Punkten und zeigte mit Grafiken auf der Leinwand, was sich die Planer zu jedem der Punkte vorstellen. Warum Selm nicht weiter nach Außen wachsen solte und sich auf eine starke Mitte konzentrieren muss. Das vielen Selmerinnen und Selmern ein Park fehlen würde. Wie sich der Selmer Bach renaturiert durch das Gelände schlängeln soll, wo Brücken, kleine Plätze und Aufenthaltsorte entstehen könnten; wo Häuser gebaut werden sollen und warum es keine Grachten oder gar einen „Selmer Phönixsee“ geben kann (das Wasser darf nämlich nicht aufgestaut werden).  Auch wie aus der Turnhalle eine Multifunktionshalle werden kann und was es mit dem »Haus der Wirtschaft« aufsich hat.

Heute Kornfeld, zukünftig Auenpark und Stadt am Wasser
Heute Sportplatz, zukünftig Campusplatz, Haus der Wirtschaft, etc.

Die Burg Botzlar als »Ort des bürgerschaftlichen Engagements«

Zusätzliche wird die Umgestaltung der Burg Botzlar zu einem »Mittelpunkt des öffentlichen Lebens«; einem Treffpunkt für die Bürger aus allen drei Stadtteilen. Ein Anbau an der Ostseite der Burg soll zukünftig einen barrierefreien Zugang zu allen Etagen ermöglichen. Gleichzeitig bietet er Platz für neue Toiletten. Das Gebäude soll energetisch saniert werden und insgesamt mehr Platz für Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Veranstaltungen bieten. Letztlich soll es ein Haus bürgerschaftlichem Engagements werden. Die Borker blieben zwar weiterhin Borker, die Cappenberger Cappenberger und die Selmer Selmer (bzw. Beifanger), aber vielleicht kann die »neue Burg« ein Zeichen setzen für mehr Identifikation mit der ganzen Stadt.

Infomaterial

Für alle Gäste lagen  Info-Faltkarten aus, in denen sich Teile der Präsentation wieder fanden. Betont wurde dabei aber, dass alle Zeichnungen nur Entwürfe seien (und diese von den ersten Entwürfen der Projektbewerbung etwas abweichen). Da ich mich später noch ausführlich mit diesem Projekt befassen will, verweise ich hier für mehr Information zunächst nur auf die offizielle  Seite der Regionale 2016.

Drei kritische Anmerkungen aus dem Publikum sollen aber trotzdem nicht unerwähnt bleiben:

Kritische Fragen aus dem Publikum

Ein Besucher sorgte sich um den Hochwasserschutz der Anwohner, wenn der Selmer Bach ein freieres Bett bekommt. Herr Kasper führte dazu aus, dass der neue Bach ein viel breiteres Becken bekommen werden, das wesentlich mehr Platz zu Ausbreiten biete. Dafür würden zehntausende Kubikmeter abgetragen – was gleichzeitig eine kleine Promenade, Inseln, Brücken und ein sehenswertes Geländerelief ermögliche.

Ein anderer Besucher äußerte sich kritisch mit Blick auf die Immobilienpreise und ob durch den demografischen Wandel überhaupt Bedarf dafür vorhanden sei. Hier entgegnete Herr Kasper, dass auch in einer schrumpfenden Stadt ein kleiner Bedarf für Neubauflächen bestünde. Zudem solle nicht die gesamte Wasserstadt auf einmal realisiert werden, sondern Stück für Stück der Nachfrage entsprechend.

Ferner forderte ein weiter Besucher eine realistische Bedarfsplanung. Aus Selmer Sicht sei dies sicher ein umsetzbares Projekt, aber man müsse finanziell auch an zukünftige Generationen denken.

»WasserZwischenRäume«

Mit diesem Projekt soll der Bereich zwischen Kanal und Ternscher See neu geordnet werden. Wolfgang Händschke von der Selmer Stadtentwicklung berichtete, dass der Stever ein natürlicheres Flussbett gegeben werden soll. Für dieses Projekt arbeitet die Stadt Selm mit der Stadt Olfen und dem Grafen vom Hagen Plettenberg eng zusammen.

See-Erweiterung

Zudem sei der Ternscher See durch seine intensive Nutzung ökologisch sehr schlecht aufgestellt, weshalb die Wasserfläche vergrößert werden soll. Im Nordosten ist daher geplant, denn See über den Strandweg hinaus zu verlängern – allerdings würde dieser Bereich nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein, da er voll und ganz der Regeneration dienen soll.

»Bewegtes Land«

Hinter diesem Namen verbirgt sich hauptsächlich ein geplanter Radweg von Olfen nach Nordkichen. Dessen Route führt auch am Bahnhof Selm vorbei, der für die Nachbarstädte als Verkehrsknotenpunkt – Bahn, Bus, Auto, Fahrrad- aufgewertet werden soll. Angedacht ist eine Radstation mit Werkstatt und Leihmöglichkeiten.

Bürgermeister Mario Löhr informiert im Schnelldurchgang

40 Themen in 60 Minuten – so könnte man es nennen. Das soll nicht abwertend klingen, denn ich  finde es lobenswert, zu so vielen Themen mal Stellungnahme zu bekommen – auch wenn ich nicht alles gut finde, was gesagt wurde.  Da es dabei bunt gemischt zuging, habe ich die Aussagen nach Themen sortiert:

 (Da der Bürgermeister die Themen wirklich im Eiltempo »runtergerattert« hat, bin ich mit dem Schreiben nicht immer ganz hinterher gekommen. Sollte also etwas fehlerhaft/unvollständig dargestellt sein oder sich jemand aus dem Publikum falsch zitiert fühlen, bitte melden: info(äd)andre-walter.de)

Zunächst bemängelte Bürgermeister Löhr die Stimmung in der Stadt. Vieles würde nicht annerkannt werden, obwohl Selm einiges zu bieten hätte. Beispielhaft nennt er das Kopfsteinpflaster im Zentrum: „Da fahren die Leute nach Lüdinghausen zum Einkaufen und finden das Kopfsteinpflaster wunderbar – hier in Selm wird das gleiche Pflaster aber kritisiert“. Trotz Kritik besonders an der hohen Grundsteuer könnten die Selmer glücklich sein über das, was sie hier haben.

Städtische Finanzen / Verwaltung

  • Der Bürgermeister verteidigt weiter die Grundsteuer B Erhöhung aus dem letzten Jahr. Die Stadt müssen einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und bliebe so zudem handlungsfähig. Es sei nicht lobenswert, aber mittlerweile hätten andere Städte nachgezogen und teilweise höhere Grundsteuern.
  • Erläuterung zur gestiegenen Kreisumlage. Bund und Land werden dabei kritisiert, weil sie mehr Aufgaben an Kreis und Gemeinde abgegeben, aber diese nicht ausreichend finanzieren. Auch seine eigene Partei kritisiert er auf Landesebene.
  • Seitdem die Wertstoffhof-Gebühren gesenkt wurden, kommen wieder mehr Leute vorbei. Es bleibt aber eine Finanzierungslücke, die dadurch nicht aufgefangen wird. Zwischenzeitlich gab es auch die Überlegung, den Wertstoffhof ganz zu schließen. Derzeit laufe das Konzessionierungsverfahren für die Stadtwerke.
  • Zur schlechten Stimmung merkt er an, dass die Stadt trotzdem gerade auf einem guten Weg sei – doch die fehlerhafte Schuldenstatistik des Landschaftsverbandes LWL sorge wieder für ein falsches Bild  (Anm: Selm hat dort irrtümlicherweise mit die höchste Pro-Kopf-Verschuldung) . Dabei sei dem LWL nach Rücksprache der Fehler selbst aufgefallen, hätte aber „aufgrund Redaktionsschlusses“ nicht mehr korrigiert werden können.
  • Situation Schloß Cappenberg

Stadtentwicklung

  • Mit Blick auf die neuen Großprojekte: Das Baugebiet Kreuzkamp-West wird das letzte Baugebiet am Stadtrand sein.  Danach wird noch nur die neue aktive Mitte (s.o.) umgesetzt.
  • Das Baugebiet Klockenberg sei bereits zu 80 Prozent verkauft.
  • Abgesehen von Cappenberg, seien jetzt alle Kunstrasenplätze fertig. Zudem erläutert er kurz, dass die Stadt durch die neuen Plätze Unterhaltskosten einspart.

Verkehr

  • Römerstraße: Hier gibt es mittlerweile zahlreiche Konflikte zwischen dem Durchgangsverkehr und den parkenden Anwohnern.
    (Anm. Am 23. September gibt es ab 18 Uhr im kleines Saal des Bürgerhauses eine Bürgerversammlung der Stadt zu dem Thema!)
  • Der neue Kreisverkehr am Sandforter Weg / Kreisstraße sei sehr gut geworden. Viele Besucher wären bei der Eröffnung dabei gewesen
  • Der Bau der »Ersatzstraße Buddenberg« liegt im Zeitplan. Der Baubeginn des Kreisels auf der Kreisstraße würde jetzt mitte September beginnen
    (Anm. Ab Montag, 22. September, geht es los -> halbseitige Sperrungen!)
  • Die Sanierung der Werner Straße wird konkreter, aber das Land stellt die Gelder nicht wie gewünscht bereit. Drei Bauabschnitte von 2015-2017 soll es geben. Am Cappenberger Damm soll ein Kreisverkehr gebaut werden.
  • Die Erneuerung des Strandweges war zunächst heftig umstritten, wurde letzlich aber gut angenommen. Nach der Aufregung am Anfang, würden nun einige Anwohner sogar weiter investieren.
  • Ab 2016 oder 2017 soll der Rückbau der Kreisstraße beginnen, so wie im Masterplan dargestellt. Das Land bevorzugt  eine weitere Ampel beim Autohaus Rüschkamp; die  Stadt Selm lieber noch einen Kreisverkehr.
  • Für den Ausbau der Luisenstraße stünden 450.000 € im Haushalt bereit. Drei Bürgerversammlung gab es bereits; die Bürgerinnen und Bürger sollen weiterhin einbezogen werden.
  • Der Ausbau der Netteberger Straße würde bald beginnen. Zuerst die Kanalarbeiten, ehe der Kreis dann 2016 die Straße saniert.

Wirtschaft

  • Die Schließung des Geldautomaten in Cappenberg sichere Arbeitsplätze und gemeinütziges Engangement der Sparkasse.  Dabei kritisiert der Bürgermeister Leserbriefe in der Zeitung, die auch nicht immer als »die Wahrheit« angesehen werden sollten. Er versuche, Probleme lieber im Stellen zu lösen. Zudem nennt er als Hintergrundinformation 450 bestehende Girokonten in Cappenberg und ca. »140.000 14.000 Benutzungsvorgängen« an den Cappenberger Automaten pro Jahr.
  • Die Firma Elektro Lange wechsle von Lünen nach Bork.
  • Das Gewerbegebiet Dieselweg in Bork würde gut angenommen werden.
  • Zum Stichpunkt Saria begegnet Herr Löhr zunächst der Kritik an seiner früheren Beschäftigung bei Rethmann, das er »Stolz sei, bei Rethmann beschäftigt gewesen zu sein« –  und das er ebenso Stolz sei, dass Saria in Selm bliebe. Saria sei einer der größten Steuerzahler der Stadt.
  • Hinsichtlich der Berichterstattung über das LaSiSe in Bork, spricht der Bürgermeister sein Vertrauen gegenüber dem in die Kritik geratenen Vorstand aus. Für ihn würden die Ruhr-Nachrichten sachlicher und neutraler berichten als die Welt es täte.
  • Die Arbeitslosenzahlen sind von 1.400 (2009) auf heute 1.200 gesunken.
  • Die Jugendarbeitslosigkeit sei ebenfalls zurückgegangen. Zahlen nennt er aber nicht.
  • Wenn Kinder lieber „harzen“ wollen, statt eine Ausbildung zu machen, dürfe das kein Vorwurf an die Kinder sein. Vielmehr müsse die Gesellschaft auf die Eltern zugehen und sie in die Verwantwortung nehmen (viel Beifall im Publikum).
  • Der Hellwegbaumarkt läuft gut
  • Neben dem Baumark soll ein weiterer Fachmarkt entstehen
  • Lidl und Rossmann würden sich in Bork östlich der Kreisstraße ansiedeln. (am Kreisverkehr Schützenplatz)

Kritisch merkt ein Besucher an, wie denn die Leute zum neuen Lidl östlich der B236  kommen sollen. Hier herrscht zunächst etwas Verwirrung beim Bürgermeister und Gelächter im Publikum und die Diskussion driftete in die Richtung ab, ob der Supermarkt nun westlich oder östlich besser wäre und das immer jemand über die Straße müsse.  Gemeint war aber eigentlich, wie die viel befahrene Bundesstraße am Kreisverkehr konkret übequert werden soll. Herr Löhr merkte an, dass das Land für die Querung zuständig sei.

In dem Zusammenhang kam auch die Frage auf, ob es noch andere Supermarkt-Standorte gab und was nun mit der alten Feuer- und Rettungswache passiert. Ursprünglich sollte der Supermarkt nämlich  am Standort der Feuerwache gebaut werden. Bei dieser bestünde, -so Löhr- dringender Sanierungsbedarf. 2015 solle mit der Sanierung begonnen werden. Die Wache bleibt also an dem aktuellen Standort.

Auf die Nachfrage einer Besucherin zum Thema Geschäfts-Leerstand in Bork, erläutert der Bürgermeister, dass ein integrierten Handlungskonzept für Bork in Planung sei. Es handle sich um einen offenen Prozess, daher gebe es noch keine konkreten Pläne.

Eine weitere Nachfrage handelt vom Marktplatz in Bork und der schlechten Informationspolitik der Stadt dazu. Der Bürgermeister führt aus, dass die Stadt erst jetzt einige Häuser gekauft habe. Solange man nicht Eigentümer dieser Häuser gewesen sei, habe man auch noch nicht dazu sagen können.  Mit den gekauften Gebäuden soll eine größere Fläche geschaffen werden, die auch freie Sicht auf die Kirche ermöglicht.

Sicherheit und Ordnung

  • Der Heimatverein habe die Aktion Saubermann dieses Jahr nicht durchgeführt. 13 Personen der Stadt reinigen das Stadtgebiet.
  • Die Ordnungspatenschaft zwischen Ordnungsamt und Polizei laufe gut und soll weiter ausgebaut werden.
  • In Sachen Polizei gibt der Bürgermeister zu »ja, die Polizei ist nicht so präsent, das muss man erhlich so sagen«. Es gebe viele Einbrüche in der Stadt.
  • Durch das Nichtraucherschutzgesetz haben sich viele Probleme vor die Türen der Gaststätten verlagert. Die Polizei käme dafür schon nicht mehr raus.
  • Hundekot: »Den Hunden kann man keinen Vorwurf machen … aber den Besitzern«, sagte der Bürgermeister. Damit die Besitzer keine Ausreden mehr haben, die nächsten Mülltonne sei zu weit weg,  wurden 30 neue Mülleimer aufgestellt.
  • Die städtische Immobilien sollen mit Überwachungskameras ausgestattet werden. Welche Gebäude konkret, sagte er nicht. Aus Datenschutzgründen werden aber Schilder darauf hinweisen, wenn überwacht wird.
  • Ein Grund ist unter anderem: es gäbe massive Probleme mit Jugendlichen vor der Burg und dem Bürgerhaus; teilweise würden Veranstaltungen im Bürgerhaus gestört.

Am Ende der Veranstaltung bekam der Bürgermeister noch eine Wette angeboten. „Wenn der Schützenplatz in Bork nicht zugebaut wird in den nächsten zehn Jahren, (Anm.: weil Lidl gegenüber baut) bekämen Sie eine Flasche Bier“, so eine Dame aus dem Publikum. Der Bürgermeister verspricht, dass da nichts gebaut würde. Er gebe dies auch schriftlich.

Nach etwas über zwei Stunden, gegen 21:15 Uhr, war der Infoabend vorbei.

Ich fand, dass es eine sehr informative und lohnende Veranstaltung war, unabhängig meiner eigenen Meinung zu vielen Themen. 

Die nächste Bürgerinformation findet im 1. Quartal 2015 statt; ein genauer Termin steht aber noch nicht fest.

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